Wie siehts wohl im Himmel aus?

Der Himmel in uns

Es gibt ja viele Meinungen und Anschauungen, wie es denn nun im Himmel aussehen soll. Nun ist dabei natürlich nicht der Himmel gemeint, den wir gemeinhin als Universum kennen. Das soll ja dunkel und still sein, mit gelegentlichen „Aufheiterungen“ der Sterne und Sonnen. Nein, mit dem „Himmel“ meinen viele Menschen bzw. diverse religiöse Einrichtungen jenen Zustand, den wir nach unserem Ableben besuchen werden – oder auch nicht. Denn zuweilen gibt es ja auch den Begriff der „Hölle“.

Der menschengemachte Himmel

Aber mal ehrlich – sind das nicht nur menschengemachte Vorstellungen von ein und demselben Zustand, den wir auf der Erde erleben, ja womöglich sogar selbst inszenieren? Ist es vielleicht nicht gerade unsere Aufgabe als Menschen, den Himmel auf die Erde zu holen, anstatt uns als „arme Sünder“ an Vorstellungen, Weltanschauungen und Meinungen zu klammern, die wiederum nichts anderes als menschengemacht sind? Und all dies, was menschengemacht ist, drückt immer nur eine Ansicht von unzähligen anderen aus. Gefährlich wird es vor allem dann, wenn eine dieser Ansichten als die einzig wahre und gültige favorisiert wird und nichts anderes mehr gelten lässt. Dann entsteht auf Dauer Unfreiheit, Abhängigkeit und Unterdrückung.

Der Himmel im Märchen

Auch im Märchen gibt es immer wieder Schilderungen, in denen sich der Protagonist im Himmel wiederfindet und dort schmerzhafte Erfahrungen machen muss.

So jedenfalls erging es auch einem Schuster aus einem gesammelten Märchen der Brüder Grimm. Der träumte, er wäre eines Tages im Himmel. Jener Schuster aber war ein richtiger „Stinkstiefel“, dem niemand etwas recht machen konnte und der an allem etwas auszusetzen hatte. Im Himmel angekommen, da glaubte er, nichts mehr kritisieren zu müssen, denn hier wäre ja alles vollkommen. Da täuschte er sich aber gewaltig – so jedenfalls meinte er -, denn als er zwei Engel sah, die einen Balken quer durch die Gegend trugen, anstatt längs, da stieg schon der Unmut leicht in ihm auf, doch er hielt ihn im Zaume. Nebenbei bemerkt – den Balken, den die Engel davontrugen, war jener, den Menschen im Auge gehabt hatten, während sie nach dem Splitter im Auge der anderen suchten.

Schließlich kam er auch zu einem tiefen Loch, indem ein Mann mit seinem Karren voll mit frommen Wünschen stecken blieb und nicht mehr herauskam. Der Schuster besah sich die Sache eine Weile. Schließlich kam ein Engel daher und spannte zwei Pferde vor den Karren. Er aber glaubte, dass zwei Pferde nicht genügend seien, um den Wagen aus dem Loch zu ziehen, sondern mindestens vier. Wie er sich nun so über den vermeintlichen Unverstand des Engels ärgerte, kam wirklich wieder ein Engel daher, der zwei weitere Pferde brachte. Jener aber spannte die Pferde nicht vor den Karren, sondern dahinter. Das war dem Schuster zuviel und er fing an, lautstark über die Dummheit der Engel zu schimpfen. Da packte ihn plötzlich eine starke Hand von hinten und setzte ihn ohne Gnade vor die Himmelspforte. Auf dem Weg dorthin konnte er sich nochmals umschauen und sah, dass es vier Flügelpferde waren und den Wagen so in die Höhe heben konnten.

Das vollständige Märchen finden Sie hier:
>>> Meister Pfriem zum Lesen <<<

Die Hörfassung gibts übrigens hier:
>>> Meister Pfriem zum Hören <<<

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Der Himmel in uns

So, wie dem Schuster im Märchen, gehts wohl allen, die sich nur auf ihren Verstand verlassen. Der ist nämlich für Lösungen gänzlich unbrauchbar und kann nur das wiederkäuen, was er aus der Vergangenheit einmal gelernt hat. Situationsbedingte, gegenwartsbezogene Probleme aber benötigen weitaus mehr, um sie für alle Beteiligten sinnvoll zu lösen. Sie benötigen nicht nur einen, sondern viele (tiefe und höhere) Blickwinkel, eine Menge Einfühlungsvermögen, Offenheit, Mut und Vertrauen und können hauptsächlich nur auf einer „höheren“ Ebene, als die des Verstandes, gelöst werden. Von dieser Ebene aus, dem „Inneren Himmel“, sind die Intuition, Inspiration, innere Stimme und Liebe nur einige – aber sehr wichtige – „Werkzeuge“, die jedem Menschen zueigen sind.

Und wer weiß, vielleicht ist es hier auf Erden viel wichtiger, erstmals den Himmel in uns selbst zu entdecken und zu leben, als das wir uns krampfhaft fiktive und menschliche Vorstellungen über ein Leben nach dem Leben machen und den Himmel weit weg vermuten. Denn was wahrhaftig im Tod, also nach unserem körperlichen Ableben kommt, werden wir noch früh genug erfahren.

In diesem Sinne zum Abschluss dieser kleinen Betrachtung noch ein „himmlischer“ Auszug aus: „Deutschland – ein Wintermärchen“ von Heinrich Heine:

„Wir wollen auf Erden glücklich sein,
Und wollen nicht mehr darben;
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
Was fleißige Hände erwarben.

Es wächst hienieden Brot genug
Für alle Menschenkinder,
Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
Und Zuckererbsen nicht minder.

Ja, Zuckererbsen für jedermann,
Sobald die Schoten platzen!
Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.“

© 2020 Blogartikel, Karlheinz Schudt
Märchenerzähler, Autor, Seminarleiter

Telefon: 0049 (0)5733 960194

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