Sie kennen sicher das Märchen vom Rotkäppchen (KHM 26 von 1857) aus der Sammlung der Brüder Grimm. Es ist wohl eines der bekanntesten Märchen, dessen Inhalt bis zur heutigen Zeit schon unzählige Male verdreht, verändert, missbraucht oder verstümmelt wurde.
„Ach, wie war ich erschrocken,
wie war’s so dunkel in dem Wolf seinem Leib!“
Die meisten Menschen glauben, das Märchen vom Rotkäppchen zu kennen und erinnern sich vielleicht noch an den vermeintlichen Schluss, als Rotkäppchen sagte: „Du willst dein Lebtag nicht wieder alleine vom Wege ab in den Wald laufen, wenn dir’s die Mutter verboten hat.“
Dieses Ende könnte für Moralpädagogen nicht besser im Buche stehen, zumindest wenn man das Märchen mit den historischen oder den äußeren „Augen“ betrachtet. Mit anderen Worten heißt das ja: „Wenn Du alles tust, was Deine Mutter oder die wie auch immer geartete Obrigkeit sagt, dann wird es schon seine Richtigkeit haben“. Daher lässt man auch den eigentlichen Schluss dieses Märchens in der Fassung von 1857 gerne weg, der – sofern man sich überhaupt noch daran erinnert – auf etwas hinweist, was man nicht gerne hört. Der erste Wolf wurde dank der Wachheit des „Jägers“ besiegt aber nun kommt ein zweiter Wolf ins Spiel bzw. ins Märchen.
Nachdem nun Rotkäppchen aus der Dunkelheit (aus dem Leib des Wolfes) wieder ans Licht kam, wurde der Wolf vernichtet. Aber dann wird es mit einem anderen Wolf konfrontiert, der im Grunde dieselben betrügerischen Mechanismen anwendet, wie sein Vorgänger. Es wird sogar geschildert, als ob das, was im ersten Wolf lebte, seine Fortsetzung in diesem zweiten Wolf findet. Doch diesmal gelingt es dem Rotkäppchen aus eigener Erkenntnis und mit der Weisheit der nun wieder zu Kräften gekommenen Großmutter den Wolf zu durchschauen und ihn aus eigenen Kräften unschädlich zu machen.
Licht und Dunkelheit gehören zum Leben
Wenn die Dunkelheit besiegt ist (z. B. in der Gestalt des Wolfes) oder das, was man gerne als das „Böse“ im Märchen bezeichnet, dann ist nur die Hülle vernichtet, nicht aber der Kern. Der nistet sich in Kürze und meist noch massiver, raffinierter und voller Täuschung dort ein, wo er nicht erkannt wird bzw. wo man ihn nicht vermutet. Das ist eben seine Aufgabe. „Er“ kann nicht anders! Die Dunkelheit gehört somit zum Leben dazu und ist, wie das Licht, ein notwendiger Bestandteil, damit der Mensch sich seiner allerinnersten Natur bewusst wird, seinem Weg treu bleibt und sich immer weniger von Äußerlichkeiten ablenken lässt.
Und so können auch die heilsamen Märchenbilder, vorausgesetzt man betrachtet sie mit den inneren Augen, wesentliche Hinweise und Lösungen zeigen, wie wir mit all den inneren und äußeren Kräften, Herausforderungen und Widerständen so umgehen können, dass sie uns und allen Beteiligten wahrhaftig nutzen, anstatt unser Bewusstsein noch mehr zu vernebeln oder zu verdunkeln.
Eine ausführliche Betrachtung inkl. Anleitung zur Selbstbetrachtung zum Märchen „Rotkäppchen“ (KHM 26 von 1857) finden Sie übrigens über folgenden Link: >>> „Bleibe Deinem eigenen Weg treu“ – Betrachtung zum Märchen Rotkäppchen <<<
Gerade jetzt, wo gerne sehr einseitig, undifferenziert, höchst emotional, hasserfüllt und gewaltbereit auf politische, gesellschaftliche oder mitmenschliche Geschehnisse reagiert wird, wäre ein bewusstes, mehrere Blickwinkel einschließendes Betrachten bitter nötig, um die wahren Ursachen besser zu erkennen und Lösungen zu finden, die nicht einseitig und mit massivem Druck durchgeboxt werden müssen. Denn Dunkelheit, Hass, Gewalt, Angst, massiver Druck und Ignoranz sind KEINE Resultate irgend eines Krieges. Sie verursachen ihn!
Dunkelheit kann Dunkelheit nicht vertreiben
„Streben wir nach Macht um der Macht willen? Oder sind wir bemüht, das Leben in der Welt und in unserer Nation zu verbessern; denn wenn wir danach streben, kann Gewalt niemals die Lösung bringen. Das größte Übel der Gewalt liegt darin, dass sie gerade das erzeugt, was sie vernichten will. Statt das Böse zu verringern, vermehrt sie es. Durch Gewalt kann man den Hassenden ermorden, aber man tötet den Hass nicht. Gewalt verstärkt den Hass. Das sind Tatsachen. Gewalt mit Gewalt zu beantworten, vermehrt die Gewalt und macht eine Nacht, die schon sternenlos ist, noch dunkler. Dunkelheit kann Dunkelheit nicht vertreiben. Das kann nur das Licht. Hass kann Hass nicht vertreiben. Das kann nur die Liebe.“
Was Martin Luther King in dem vorangegangenen Zitat so treffend in einer seiner Reden u. a. über die Dunkelheit ausgesagt hatte, hören wir nun als Podcast in einer anderen Variante in dem Märchen: „Wer immer auf die Dunkelheit sieht, kann das Licht nicht erkennen“:
Der Märchen-Podcast
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© 2015 „Wer immer auf die Dunkelheit sieht, kann das Licht nicht erkennen“ – Betrachtung und Weisheitsgeschichte:
Karlheinz Schudt und Märchenhaft leben e.V.
© 2022 Musik und gesprochen von Karlheinz Schudt,
Märchenerzähler, Autor, Seminarleiter
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