Ein großer Samurai hatte über die Jahre hinweg in unzähligen Kriegen schon viele Kämpfe für seinen Herren gewonnen. Nun aber verlor er seinen ersten Kampf. Gedemütigt, voller Zorn gegen sich selbst und den Rest der Welt, wollte er seinem nun nichtswürdigen Leben ein Ende bereiten.
Er ritt die staubige Landstraße entlang, darüber nachsinnend, wie er sich nun am grausamsten und auffälligsten ins Jenseits befördern könnte. Plötzlich lag vor ihm auf der Straße ein kleiner Spatz auf dem Rücken und streckte seine beiden Füßchen zum Himmel. Der Samurai, in seinem Denken gestört, hielt an und schrie den Spatz an: “Geh mir aus dem Weg, du nichtswürdiges Federvieh!”
Der Spatz aber entgegnete ganz keck: “Nein, das werde ich nicht tun. Ich habe eine große Aufgabe zu verrichten.” Ganz überrascht und erstaunt über die selbstbewusste Antwort des Spatzen, stieg der Samurai von seinem Pferd ab, beugte sich zu dem Spatzen hinunter und sprach:
“Sage mir, was ist denn so wichtig, dass du mir den Weg nicht freimachen willst?”
“Oh”, sagte der Spatz, “man hat mir gesagt, dass heute der Himmel auf die Erde fallen wird, und da liege ich nun, um ihn mit meinen Füßen aufzufangen.”
Als dies der Samurai hörte, da fing er an zu lachen und konnte beinahe nicht mehr aufhören. Und er rief prustend: “Was, du kleines Federknäulchen willst mit Deinen dürren Beinchen den Himmel auffangen?” Der kleine Spatz erwiderte ganz ruhig und klar: “Tja, man tut was man kann!”
Inspiriert durch ein altes japanisches Lehrgeschichtenmotiv.
© 2000 Als Erzählfassung neu geschrieben von Karlheinz Schudt.
Mut – Mit Märchen aus der Krise!
Die Welt scheint voller Krisen zu sein – wohin das Auge blickt. Ob wir jemals in der Menschheitsgeschichte ein Zeitalter hatten, in dem es mehr oder weniger Krisen gab, beruht auf Spekulationen und dem Glauben an die Wahrhaftigkeit unserer Geschichtsschreiber. Hinzu kommt, dass in der Neuzeit die Wichtigkeit einer Krise durch die weltumspannende und häufig einseitige und emotionale Berichterstattung der Medien je nach deren gesellschaftlicher, politischer oder wirtschaftlicher Ausrichtung dramatisiert oder heruntergespielt wird.
Doch welchen Sinn haben Krisen für die Menschen? Sind es jene „Strafen“, die der „liebe Gott“ als Konsequenzen für die Dummheiten seiner menschlichen Schöpfungen vorgesehen hat? Gibt es überhaupt einen “strafenden Gott” oder sind diese Konsequenzen in Wahrheit “Wegweiser”, um endlich für die wahre Lebensaufgabe und das ureigene Lebensziel wach zu werden, anstatt die Dummheiten von „Gestern“ in einem „neuen Kleid“ zu wiederholen?
Mut – Mit Märchen über den eigenen “Tellerrand” schauen!
In jeder Krise scheint alles Erreichte zusammenzubrechen. Große Hochachtung vor diesem unscheinbaren, kleinen Tierchen, das sich durch nichts von seinem Ziel abbringen lässt. Entgegen der Einschüchterungs-Versuche des arroganten Samurais, glaubt der Spatz noch an die Verwirklichung seiner Aufgabe – die Welt zu retten.
Aber mal ehrlich! Kennen wir nicht irgendwie diesen Samurai? Ist er nicht mit unserem Verstand verwandt, der gemäß seiner Natur nur das gelten lässt, was seiner althergebrachten Glaubens-Vorstellung und seinen eintrainierten Mustern entspricht? Wenn es mal nicht so läuft, wie es vorgesehen ist, dann zweifelt er, flüchtet vor sich selbst oder sucht die Schuld für die eigene Misere bei anderen.
“Ja, aber” – werden Sie vielleicht denken, “ein Spatz, der den Himmel auffängt? Das ist doch unmöglich!” Richtig! Aber haben Sie schon einmal gesehen, dass der Himmel auf die Erde fällt? Oder, dass ein Samurai mit einem Spatzen spricht?? Oder, dass ein Spatz überhaupt spricht???
Märchen führen nach Innen und vermitteln Zuversicht!
Offenbar geht es um viel tiefere Prozesse, die vor allem das Märchen aber auch viele Weisheitsgeschichten in Seelenbildern schildern. Wie in den Märchen, insbesonders den Volksmärchen, gibt es Situationen, in denen der Märchenheld bzw. die -heldin eine undurchführbare Aufgabe bewältigen muss. Im Märchen vom „Trommler“, gesammelt von den Brüdern Grimm, muss er mit einem Fingerhut vor Einbruch der Dunkelheit einen See ausschöpfen. Schafft er wohl diese Aufgabe? Na klar – im Märchen ist alles möglich. Aber wie ist es in der sogenannten Realität?
Wenn die Märchen oder Märchen Bilder tatsächlich Ausdruck einer “inneren Realität” sind, dann sind sie doch auch verwandt mit unserer “äußeren Realität”, denn schließlich entsteht jede Idee, jeder Verwirklichungs-Gedanke, jede Lösung immer im Inneren. Folglich muss in dieser Situation auch eine Lösung des Problems oder der Krise liegen.
Was tut der Märchenheld in Anbetracht einer unlösbaren Aufgabe? Er setzt sich ans Ufer, trägt sein Schicksal und beginnt, Fingerhut um Fingerhut den See auszuschöpfen – trotz der scheinbaren Unmöglichkeit seines Unterfangens. Aber was geschieht? Es erscheint eine weise Frau, schlägt ihm vor, er solle sich doch schlafen legen, und als er wieder aufwacht, ist der ganze See ausgeschöpft.
Märchen führen in die innere Ruhe und entschleunigen!
Wird hier nicht deutlich, dass ein Problem, eine schwerwiegende Krise gar nicht mehr äußerlich zu lösen ist? Im Gegenteil, je massiver und wütender ich mich mit aller Gewalt gegen ein auftretendes Problem stelle, es bekämpfe, ablehne oder verdränge, desto massiver, unkontrollierter und gefährlicher wird es sich entwickeln und mich in meiner Hilflosigkeit gerade dort überraschen, wo ich es nicht unbedingt erwarte.
Märchen fördern das Mitgefühl und ungewöhnliche Lösungen!
Glauben Sie, dass der Spatz es schaffen wird? Natürlich, denn er ist voller Liebe, Mitgefühl und Vertrauen in das Gelingen seines Vorhabens zum Wohle der ganzen Erde. Und er ist trotz seiner körperlichen “Größe” frei von Angst, Wut, Vorurteil und Arroganz. Mit solchen Eigenschaften kommt er aus nahezu jeder vermeintlichen Hilflosigkeit und es stehen ihm alle „himmlischen Kräfte“ und womöglich auch alle “irdischen Kräfte” bei, dass all dies, was in der Trennung und Spaltung lebt, auf ungewöhnlichem Wege wieder zur Ganzheit führt.
Wie lange das dauert? Nun, das hängt womöglich viel weniger von den Parteien, deren Vertretern und den Medien ab, sondern viel mehr von Ihnen und mir 😉
© Karlheinz Schudt,
Märchenerzähler, Autor, Seminarleiter
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Über jede kleine oder große Spende freut sich das Team vom gemeinnützigen Verein Märchenhaft leben e.V., dem auch ich angehöre. Gerade in Krisen-Zeiten sind freiberufliche Künstler, Darsteller, Autoren, etc., kleine Unternehmen und Vereine besonders (nicht selten auch existentiell) von den wirtschaftlichen Einschränkungen so mancher Krise betroffen. Über die Aktivitäten des Vereins können Sie sich mit einem Klick >>> HIER <<< näher informieren.
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