Eine Enttäuschung ist “eine Wahrheit mit Verspätung”, so jedenfalls könnte man diesen Begriff mit einem Sprichwort näher umschreiben. Nun tun wir Menschen uns ja im Allgemeinen recht schwer mit der Wahrheit, zumal wir meist nur das glauben, was in unserer Vorstellung fest und oftmals einseitig verankert ist.
Auch in den Märchen finden wir diesen Prozess in verschiedenen Sinn- und Seelenbildern. So kommt der König im Dornröschen (Aus der Brüder Grimm Sammlung von 1810) nicht über seine zwölf goldenen Teller hinaus, obwohl er doch weiß, dass es dreizehn Feen im Lande gibt, die zum Fest zu Ehren seines neu geborenen Töchterchens einzuladen wären. Er aber meint die Lösung nur darin zu finden, indem er eine der dreizehn Feen einfach ausschließt oder gar verdrängt. Aber alles, was wir ausschließen, verdrängen oder gar bekämpfen kommt irgendwann wieder in verstärktem Maße auf uns zurück.
Raus aus dem festgefahrenen Denken!
Rein von der Logik her könnte man ja denken, dass der König aufgrund seines Reichtums und seiner Macht durchaus in der Lage wäre, einen dreizehnten goldenen Teller herbeizuschaffen, damit alle Feen befriedigt werden können. Doch mit der Verstandes-Logik kommen wir hier nicht weiter, da es sich ja in den Märchen um Sinnbilder handelt. Deren seelisch-spirituelle Weisheiten erschließen sich uns erst, wenn wir sie in Stille eine gewisse Zeit in unserem Gemüt bewegen und sanft betrachten, bis sich ihr Geheimnis von alleine offenbart.
So kann dieser König im Dornröschen (Aus der Brüder Grimm Sammlung von 1857) nicht über die Zwölf hinaus denken. Es ist seine Welt und über die Zwölf hinaus gibt es nichts mehr, auch wenn das Leben es anders zeigt. Selbst in der “realen” Welt werden Sie sich schwer tun, im Laden ein Tafelservice mit z. B. dreizehn Tellern zu finden. Meist sind es sechs oder zwölf im Set. Ein anderes Beispiel sind die zwölf Monate. Sie zeigen uns die Vollständigkeit und Abgeschlossenheit eines Jahres und wir können vergeblich auf einen dreizehnten Monat warten.
Sich von der Täuschung befreien!
Erst der Fluch der dreizehnten, nicht eingeladenen Fee macht den alten König wach für sein festgefahrenes Denken und lässt ihn eine bittere Enttäuschung erleben. Es muss also ein neuer König her, der sich ja im Prinzen, der das Dornröschen später erlöst, schon ankündigt. Doch jede Enttäuschung hat auch eine durchaus positive Seite. Sie befreit von der Täuschung (Ent-Täuschung) und schenkt uns die Chance – sofern wir sie nutzen – weiter, höher, tiefer und jünger zu denken.
Ob dies jemals mit unserem Verstand möglich sein wird, ist fraglich, zumal seine Stärken u. a. darin liegen, sich an Altes und Vergangenes zu erinnern, es immer wieder aufzuwärmen und im schlimmsten Fall so festzuhalten, dass kaum noch Raum für Neues bleibt.
Es sei denn, … aber hören Sie selbst die Podcast-Geschichte “Die heilsame Enttäuschung”:
© 2007 “Die heilsame Enttäuschung”: Karlheinz Schudt und Verlag Märchenhaft leben e.V.
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Mit märchenhaften Grüßen
Karlheinz Schudt
Märchenerzähler, Autor, Coach