Minderheiten in Märchen und Geschichten

Beurteile niemals ein Buch nach seinem Einband!

„Kleider machen Leute“, „Das Außen zeigt das Innen“, „Sage mir was du liest und ich sage dir wer du bist“, „Sag mir was du »isst«, und ich sag dir, wer du bist!“, „Vögel, die zu früh singen, holt am Abend die Katze“, etc.

Sprichwörter gibt es unzählige und manche scheinen auf den ersten Blick voller Weisheiten zu sein, schaut man aber etwas näher hin, dann enttarnen sie sich nicht selten als Klischee, als eingefahrenes Denkschema oder abgedroschene Redensart.

Überzogener Körperkult, äußere Schönheit und angebliche Perfektion (wer bestimmt das?) leiten das Denken, Streben und Handeln der meisten Menschen. Die Gefahr ist groß, auf diese Weise unbewusst einen schleichenden Rassismus und eine dementsprechend nach sich ziehende Intoleranz gegenüber jeglicher Andersartigkeit, Minderheiten oder angeblicher menschlicher Schwäche loszutreten.

Im Fitnessstudio besonders gestählte und mit Muskeln bepackte männliche Körper werden als Vorbilder (siehe Film und Fernsehen) heroisiert und bewundert, weibliche Models, bei denen man sich jedesmal fürchtet, sie könnten aus luftiger Höhe von Ihren „High Heels“ herunterfallen und ihren mageren, dem heutigen Schönheitsideal künstlich angepassten Körper zerbrechen,

„Siegertypen“, die in öffentlichen Fernsehsendungen gelobt und gefeiert, während angebliche „Versager“ verhöhnt und gedemütigt werden und dicke Menschen, die in Talkshows beschimpft werden, krankheitsanfälliger zu sein als dünne Menschen und angehalten werden, einen höheren Beitrag als üblich in die Krankenkasse zu bezahlen,

Jogger und Joggerinnen, die mit gequält verzerrten Gesichtern schwitzend und keuchend entlang der Hauptverkehrsstraße hetzen und die so gemäß einer dänischen Langzeitstudie ihr Leben um ca. 6 Jahre zu verlängern glauben. Doch wer weiß schon, wann das Ende naht und sind in dieser Langzeitstudie auch die JoggerInnen berücksichtigt, die während des Laufens eine tödliche Herzattacke erleiden?

Ach ja, und wieviele Jahre muss ein Mensch angestrengt, schweißgebadet und mit verzerrtem Gesicht im Durchschnitt durch die Gegend hetzen, um sein Leben zu verlängern? 6 Jahre, 7 Jahre oder gar 10 Jahre? Rechnen Sie nach und staunen Sie, was unterm Strich von der „Lebensverlängerung“ übrig bleibt.

Nun, die Liste ließe sich noch endlos fortsetzen.

Gewiss, es gibt auch Fortschritte. Was vor einem viertel Jahrhundert noch nahezu undenkbar war, ist heute zu einem festen und vielfach tolerierten Bestandteil unserer Gesellschaft geworden: z. B. die gleichgeschlechtlichen (Liebes-)Beziehungen, Eingliederung und Respekt vor Behinderten, Toleranz gegenüber anderen Kulturen, Integration von ausländischen Mitbürgern, Achtung vor Minderheiten und Verständnis für Andersartigkeit.

Achtung vor Minderheiten und Verständnis für Andersartigkeit?

Achtung vor Minderheiten und Verständnis für Andersartigkeit? Wirklich? Nun, auch wenn es sich in obigem Video um einen Werbefilm handelt, so ist die eigentliche Aussage dieses Films aktueller denn je.

Wie hätten Sie sich verhalten?

„Mehr Schein als Sein“, „Es ist nicht alles Gold, was glänzt“, „Beurteile niemals ein Buch nach seinem Einband“, „Wenn du einen Menschen wirklich kennen lernen willst, so laufe ein ganzes Jahr lang in seinen Mokassins“, etc.

Wie klingen diese Sprichwörter in Ihren Ohren?
Und was haben sie mit Märchen zu tun?

Sehr viel, denn das Motiv der Andersartigkeit kommt in den meisten Grimmschen Märchen vor, z. B. im Motiv vom „Dummling“ in der Goldenen Gans oder im Märchen vom Eselein. Diese und noch viele andere Märchen zeigen sehr bildhaft und überdeutlich, dass der äußere Schein meist trügt und das wahre („königliche“) Wesen schon seit eh und je im Verborgenen und in JEDEM Menschen vorhanden ist.

© Karlheinz Schudt
Märchenerzähler, Autor, Seminarleiter

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