Wer einmal in Chartres war und die dortige Kathedrale mit dem „Herzen“ betrachtet hat, der wird sie sicherlich niemals mehr vergessen. Unter nahezu allen spirituellen Orten auf der Welt gehört sie sicherlich zu jenen, die am geheimnisvollsten und beeindruckendsten sind.
Die Kathedrale von Chartres
Unzählige Menschen zieht es Jahr für Jahr dorthin. Dabei ist es überhaupt nicht wichtig, welcher Konfession oder Glaubensgemeinschaft man sich zugehörig fühlt. Es scheint, als ob dort alle spirituellen Strömungen dieser Welt einen gemeinsamen Nenner finden und tiefe Menschheitsrätsel und Geheimnisse durch die zu Stein gewordenen Mysterien offenbar werden. Aber – wie bereits erwähnt – dies mag womöglich nur denen vorbehalten sein, die sie mit dem Herzen erkunden.
Man erzählt sich, dass in ca. 60 Jahren Baumeister, Zimmerleute, Glasmaler und Bildhauer ein einzigartiges Meisterwerk schufen, das jeden Menschen, der nach Chartres kommt, sofort begeistert. Was immer man auch betrachten möchte, es gibt soviel, dass ein Menschenleben dafür nicht ausreichen würde.
Über Dämone und Heilige
Ein besonderes Augenmerk soll heute den unzähligen Skulpturen an den Kathedralen gewidmet sein, vor allen Dingen jenen, die als Heilige auf ihrem Dämon stehen. Wie nun gerade Heilige mit ihrem Dämon umgehen oder anders ausgedrückt, wie das vermeintlich „Gute“ oder das vermeintlich „Böse“ den heutigen Menschen zur weisheitsvollen und befreienden Erkenntnis oder zu noch mehr unliebsamen und leidvollen Verstrickungen führen kann, hören wir am Ende in der Geschichte „Der heilige Dämon“.
Der Dichter und Schriftsteller Christian Morgenstern (1871 – 1914) ließ einmal in seinen Veröffentlichungen das Zitat verlautbaren: „Liebe das Böse gut!“ Nun klingt das ja für viele Menschen sehr abwegig, zumal wir eher noch nach dem alttestamentarischen Grundsatz handeln, „Auge um Auge, Zahn um Zahn!“
Obwohl wir uns als christliches Abendland bezeichnen und die Lehren Jesu gerne auf unsere Fahnen schreiben, so wird es doch bei „Liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst“ oder „Wenn einer Dich auf die eine Wange schlägt, so halte ihm auch die andere hin“ schon etwas schwieriger, vor allem wenn es uns (Im „Kleinen“) ganz persönlich betrifft oder (Im „Großen“) um knallharte wirtschaftliche bzw. geostrategische Interessen geht.
Wer sich selbst nicht liebt, kann auch andere nicht lieben
In der Regel handelt es sich ja im Alltag selten um Differenzen und Streitigkeiten, die wir mit anderen Personen haben. Meist oder zunächst sind es Schwierigkeiten oder Disharmonien, die wir mit uns und in uns selbst zu bewältigen oder zu verwandeln haben und die sich nicht selten in seelischen Unstimmigkeiten bis hin zu Krankheiten ausdrücken. Dass dies dann Auswirkungen auf die Mitmenschen hat, ist naheliegend. Denn wer seine eigenen Probleme nicht löst oder sich selbst nicht schätzt und „liebt“, der kann auch niemand anderen lieben.
So verhält es sich auch in dem Grimmschen Märchen „Vom Sommer und vom Wintergarten“, auch bekannt in der französischen Fassung als „Die Schöne und das Biest“. Aus dem vermeintlich Bösen, Unliebsamen und Abstoßenden wird dann am Ende sogar etwas Königliches und Liebenswertes, etwas, das wir vor lauter Meinungen, Feindbildern und Besserwissereien niemals vermutet hätten.
Hören Sie nun im Märchen-Podcast die Weisheitsgeschichte vom „Heiligen Dämon“:
Der Märchen-Podcast
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© 2022 „Der heilige Dämon“: Karlheinz Schudt und Märchenhaft leben e.V.
© 2022 Musik, betrachtet und gesprochen von Karlheinz Schudt,
Märchenerzähler, Autor, Seminarleiter
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