Märchen helfen bei Demenz

Demenz

Dass Märchen besonders in der Seele heilsame Wirkungen hervorrufen können, beschreibt schon der Dichter Christian Morgenstern mit seinen Worten: „Man wird wieder aus Himmel und Sternen Bilder machen und die Spinnweben alter Märchen auf offene Wunden legen.“

Wenn man nun in diesen „offenen Wunden“ die seelischen Verletzungen sieht, die ein Mensch im Laufe seines Lebens durchmacht, dann ist es mehr denn je an der Zeit, dass gerade Märchenerzähler eine weitaus größere Anerkennung in der Gesellschaft haben sollten, als dies gegenwärtig der Fall ist.

Gerade heute wird der Begriff „Märchen“ (leider auch von Menschen, die solchen mehr inneren Themen aufgeschlossen sind) immer noch mit Lügengeschichten in Verbindung gebracht. Obwohl längst bekannt sein dürfte, dass es sich hier um Seelenbilder handelt, die innere Prozesse ausdrücken und nicht selten sogar Lösungen für Probleme zeigen.

So ist es höchst erfreulich, dass im Katharinenhof am Berliner Preußenpark (Laut Ärzte- Zeitung vom 06.05.2015) das Märchen erzählen ein Teil eines ungewöhnlichen Forschungsprojektes wurde. Professor Ingrid Kollak will mit ihrem Team von der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin herausfinden, ob und wie Märchen auf Menschen mit einer Demenz- oder Alzheimererkrankung wirken.

Das Herz wird nicht dement …

„Das Herz wird nicht dement“, sagt eine dort tätige Märchenerzählerin. Jahrelang hat sie in fünf Pflegeeinrichtungen in vier verschiedenen Bundesländern Märchen erzählt, insbesondere die aus der Sammlung der Brüder Grimm.

„Die Alzheimer- und Demenzpatienten reagieren einfach ohne viel Nachdenken. Ein aufkommendes Gefühl drücken sie sofort aus“, sagt sie. Weiterhin habe sie beobachtet, dass sich die Demenzkranken in die Märchen und Geschichten versenkten und für einige Minuten bis wenige Stunden aus ihren Verhaltensmustern ausstiegen. Unruhige Dauerläufer blieben sitzen und hörten zu und jene, die andauernd kauten und schmatzten, vergaßen ihre Nervosität und entspannten sich für Momente.

Man darf gespannt sein, was nun die Forschungen des Hochschul-Teams am Ende herausbringen werden. Eines jedoch ist jetzt schon sicher: Es gibt noch einige andere aktive Märchenerzähler und Märchenerzählerinnen, die im Laufe ihrer jahrzehntelangen beruflichen Tätigkeit solche und ähnliche positive Erfahrungen beim Erzählen von Märchen vor demenzkranken Menschen gemacht haben.

Die Welt braucht mehr Märchen- und Geschichtenerzähler/innen!

Und so wäre es wünschenswert, dass gerade der Beruf des Märchen- und Geschichtenerzählers wieder mehr in den Blickpunkt gerät, insbesondere die kulturell, soziale und heilsame Komponente, die gerade beim freien Erzählen von Märchen und Geschichten sich offenbaren kann.

© Karlheinz Schudt
Märchenerzähler, Autor, Seminarleiter

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